Energiesparend und blendfrei: zwei innovative Schichten in Fenstern lenken Tageslicht tief in Räume und steuern bei Bedarf via LED nach

Wer viel am Bildschirm arbeitet, kennt das Problem: Draußen strahlt die Sonne, aber drinnen arbeitet man trotzdem hinter Verdunkelungen bei künstlichem Licht. Eine paradoxe Situation, die unnötig viel Energie verbraucht und obendrein das menschliche Wohlbefinden beeinträchtigt. Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn das RIF Institut für Forschung und Transfer, Dortmund, entwickelt mit Partnern aus Forschung und Industrie ein innovatives, ökologisch wie ökonomisch zukunftsweisendes Lichtsystem weiter, das in herkömmliche Doppelglasfenster oder Fassadenelemente integriert wird. Die Idee: Mikrostrukturen aus Acrylglas lenken vorhandenes Sonnenlicht blendfrei in dunkle Raumbereiche – dieses wird bei Bedarf mit LED-Licht flexibel ergänzt. Um einen normalen Büroraum auf diese Weise auszuleuchten, genügt beispielsweise ein entsprechend ausgestattetes Oberlicht. „Zunächst geht es vor allem darum, Büroräume angenehmer und energieeffizienter mit Licht zu versorgen. Aber schon jetzt zeichnen sich vielfältige weitere Anwendungen, etwa auch für Fassadenelemente, Schaufenster, Ausstellungsbeleuchtungen oder dunkle Bereiche in Fluren ab“, sagt Prof. Dr. Andreas Neyer, RIF-Projektleiter für das Verbundforschungsvorhaben TaLED.

Sieht aus wie „Milchglas“, kann aber weit mehr: Im Forschungsprojekt TaLED konnte Prof. Andreas Neyer mit seinen Mitarbeitern Prototypen aus dem RIF-Labor bereits bis zur Produktionsreife entwickeln. In einem Jahr ist das Projekt beendet: Dann könnten Oberlichter, die Tageslicht lenken und mit LED-Licht ergänzen, dunkle Büros energiesparend und blendfrei erhellen. Foto: RIF

Nach zwei Jahren Forschungsarbeit sind nun alle erforderlichen Einzelkomponenten hergestellt und erfolgreich getestet. Derzeit gehen die ersten Fenster-Prototypen in die Produktion. Dabei werden zwei Scheiben zwischen die Doppelgläser von Fenstern eingesetzt: Eine Acrylglasplatte, in die Mikrolinsen und -prismen eingeprägt sind, lenkt Sonnenlicht weit in die Räume hinein an die Raumdecken, von wo dieses diffus in den gesamten Raum gestreut wird. Die zweite innovative Schicht besteht aus einer hoch transpa-renten großflächigen LED-Leuchte. Diese ergänzt bei schlechteren Lichtverhältnissen künstliches Licht, das ebenfalls über die Mikrostrukturen in die Tiefe des Raumes verteilt wird. Sie kann wie die herkömmliche Beleuchtung an- und ausgeschaltet werden.

Das Forschungsprojekt TaLED (Abkürzung für Tageslicht und LED-Beleuchtung) wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter der Forschungsinitiative ENERGIEWENDEBAUEN im Förderbereich Energieoptimierte Gebäude und Quartiere – dezentrale und solare Energieversorgung, gefördert. Das Projekt ist vor zwei Jahren gestartet. Damals existierten bereits erste funktionstüchtige Labormuster, die RIF im Rahmen eines vorherigen AIF-Projekts entwickeln konnte. Diese Labormuster mussten nun jedoch für eine möglichst kostengünstige Fertigung auf handelsübliche Fenstermaße weiterentwickelt werden.

Durch umfangreiche Simulationen lieferte RIF die Vorgaben für die Mikrostrukturen zur Entwicklung der Prototypen. Mit hochpräzisen Vermessungs- und Prüfverfahren sicherte RIF zudem die Qualität der Mikrostrukurplatten. Diese werden bei den Firmen Karl Jungbecker GmbH, Olpe, und Temicon GmbH, Dortmund, gefertigt. Die Ableitung der von den LEDs produzierten Abwärme aus dem Fensterinneren wurde in Kooperation mit dem Ingenieurbüro ai³   getestet. Derzeit werden die LEDs von der Firma Durlum AG, Schopfheim, in Fensterrahmen integriert. Alle Komponenten werden bei der Saint-Gobain Sekurit Deutschland GmbH & Co. KG, Herzogenrath, zu einem Fensterelement verbaut. Überlegungen zum Design und zur architektonischen Integration wurden zudem auch von den Projektpartnern Green Building R&D GmbH, Düsseldorf, und der SSP AG, Bochum, beigesteuert. Das Gesamtprojekt wird vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Stuttgart, koordiniert, welches auch die lichttechnische Vermessung der Muster vornimmt.

Auch wenn RIF bereits wichtige grundlegende Projektmeilensteine bewältigt hat, gibt es im letzten Projektjahr noch viel zu tun. Unter anderem muss das System auf den Einsatz in unterschiedlichen Breitengraden angepasst werden: in Äquatornähe steht die Sonne höher, entsprechend muss ein steilerer Einstrahlwinkel bei der Gestaltung der Mikrostrukturen berücksichtigt werden. Zudem sollen die Prototypen in Musterräumen verbaut werden. Neben physikalischen Messungen soll eine Probandenstudie des Fraunhofer-Institut für Bauphysik zudem klären, wie das Lichtsystem von den Menschen in den Innenräumen wahrgenommen und beurteilt wird.

Fazit des RIF-Projektleiters Prof. Dr. Andreas Neyer: „Der Traum von einer zunehmenden Nutzung des Tageslichtes für die Raumbeleuchtung wird langsam aber sicher wahr. Dadurch erhöht sich das menschliche Wohlbefinden und sowohl die Ökologie wie auch die Ökonomie werden nachhaltig geschont.“

Das BMWi-Projekt läuft noch bis Ende Februar 2019.

Förderhinweis:
Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter der Forschungsinitiative ENERGIEWENDEBAUEN im Förderbereich Energieoptimierte Gebäude und Quartiere – dezentrale und solare Energieversorgung (03ET1330A-G).

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RIF Institut für Forschung und Transfer, Michael Saal, Ge­schäftsführer, Telefon: 0231.9700 104,

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